Nur mit natürlichen Materialien druckt der Wasp Kran Gaia nachhaltige Gebäude. Ein besonderes Merkmal ist hierbei, dass das Projekt nur mit am Druckort befindlichen Rohstoffen realisiert wurde. Die additive Fertigung hält langsam Einzug in die Fertigungsprozesse im Bauwesen. Schritt für Schritt werden neue Projekte realisiert. Wir haben uns das Projekt Shamballa einmal näher angesehen. Von Sabine Slaughter
Wasp (engl. Wespe) ist der Name des italienischen Unternehmens, welches in verschiedenen Bereichen der additiven Fertigung als Hersteller aktiv ist. Hierzu gehören Kunst und Kultur, Medizin, Nahrungsmittel, Energie, digitale Fertigung und eben auch Architektur. Nun kann man fragen, was eine Wespe mit Architektur zu tun hat. Dieses beantwortet Massimo Moretti, CEO von Wasp: „Die Schlammwespe ist unser Entwicklungsmodell.“ Sie biete einen perfekten Ansatz um preiswerte Häuser aus Naturmaterialien mit „Null-Kilometer-Anspruch“ zu bauen.
Und da stolpern wir bereits über den nächsten Begriff, welcher einer Erklärung bedarf: „Null-Kilometer-Anspruch“. Hierbei handelt es sich um den Ansatz, dass neben natürlichen Baumaterialien nur oder fast ausschließlich Materialien verwendet werden, welche am gewünschten Standort lokal zu finden sind. Somit entfallen teure, die Umwelt belastende Transporte von Baumaterialien, was zudem der Nachhaltigkeit des Hausdrucks dient.
Wasps Ausrichtung, seit der Gründung im Jahr 2012, wurde ständig auf die Entwicklung von Geräten für die additive Fertigung im architektonischen Maßstab ausgerichtet. Das Unternehmen hat gemeinsam mit RiceHouse Materialmischungen entwickelt, die aus lokal auffindbaren Rohstoffen ein für die Region ideales Baumaterial ergeben, welches als Haus gedruckt, weder Heizung noch Klimaanlage benötigen, da sowohl im Sommer wie im Winter eine angenehme Innentemperatur beibehalten wird. Gaia, wie das Haus genannt wird, ist dabei ein leistungsstarkes Modul, sowohl in Bezug auf Energie als auch auf die Gesundheit in Innenräumen.
In der griechischen Mythologie steht die Göttin Gaia für die personifizierte Erde und ist mit ein Grund, warum das gedruckte Haus des Herstellers diesen Namen erhalten hat. Nachdem 2015 der zwölf Meter Delta Wasp 12 eingeführt wurde, ist nun mit dem Spitzenmodell Wasp Kran Gaia, einem additiven Fertigungsmodel, welches je nach Bedarf erweiterbar ist, das Projekt Shamballa realisiert worden.
Doch zurück zum gedruckten Haus: Für die Realisierung von Gaia lieferte RiceHouse die pflanzlichen Fasern, durch die Wasp eine Verbindung entwickelt hat, die sich aus 25 Prozent des Bodens des Standortes zusammensetzt (30 Prozent Ton, 40 Prozent Schlamm/Schlick und 30 Prozent Sand), 40 Prozent aus zu Stroh gehacktem Reis, 25 Prozent Reisschalen und zehn Prozent hydraulischem Kalk. Die Mischung wurde in einem Feuchtmischgerät vermischt, welches in der Lage ist, die Mischung homogen und verarbeitbar zu machen. Damit wurde ein Energiebedarf entsprechend der Klasse 4 erreicht.
Die Außenwände haben eine Stärke von 40 Zentimeter und wurden vor Ort mit dem Wasp Kran gedruckt. Die monolithischen Wände erhielten von innen einen Tonputz, der geglättet und mit Leinöl geölt wurde. Die Entwicklung hatte unter anderem zum Ziel natürliche Lüftungssysteme und thermoakustische Isoliersysteme zu integrieren.
Die Deposition des Materials auf Basis von Erde, Stroh und Reishülsen wird durch gegliederte Gewebe gesteuert, welche gleichzeitig konstruktive Festigkeit und geometrische Variation über die gesamte Wandentwicklung liefern. In der Praxis wird die Vielseitigkeit rechnerischer Entwürfe mittels Präzision und Geschwindigkeit der additiven Fertigungstechnologie ermöglicht. In zehn Tagen wurde so der Rohbau mit komplexen Geometrien gedruckt, wobei die für die Wandstruktur verwendeten Materialien Kosten in Höhe von nur 900 Euro verursacht haben. Dieser niedrige Preis ist unter anderem auf die Null-Kilometer-Philosophie zurückzuführen.
Auf der Grundlage der von Gaia gesammelten Daten ist es möglich, konkrete neue wirtschaftliche Szenarien zu entwerfen, bei denen aus einem Hektar kultiviertem Reisfeld 100 Quadratmeter bebaute Fläche werden können. Das vielfältige Potenzial des 3D-Drucks könne dank der weltweiten landwirtschaftlichen Ressourcen auf der Grundlage der Erfahrungen mit Gaia erschlossen und eine minimale Umweltbelastung sowie unendliche Designlösungen gewährleistet werden, die für eine neue lebendige Vision von Grenzen unerlässlich sind.
Gaia, dessen Name auf die Verwendung von Roherde als Hauptbinder des Gemisches zurückzuführen ist, kann als ein neues ökologisch nachhaltiges Architekturmodell mit besonderem Augenmerk auf die Verwendung natürlicher Abfallstoffe aus der Reisproduktionskette betrachtet werden, das auf den Bau von besonders effizientem Mauerwerk aus bioklimatischer und gesunder Sicht ausgerichtet ist. Diese Forschung war auch dank der Zusammenarbeit mit RiceHouse möglich.
Mit dem Projekt Shamballa möchte der Hersteller, der seinen Profit in die Forschung und Entwicklung steckt, aufzeigen, was möglich ist. Im Oktober lud er deshalb zu einer Demonstration unter dem Motto „Ein Aufruf um die Welt zu retten“ ein. Wasp präsentierte die Entwicklung des Big Delta Wasp 12 Meter und des innovativen Wasp Kranes, eines 3D-Drucksystems, das aus mehreren Druckkörpern besteht, die durch leichte Netzstrukturen miteinander verbunden sind und in der Lage sind, den Arbeitsraum zu erweitern und die Bauzeit zu verkürzen.
Wissen, das auf das Gemeinwohl angewendet wird
Wenn digitale Fertigungstechniken eingesetzt werden, um auf die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse zu reagieren, begründet dieses eine echte Hoffnung für Menschen, und das war der Leitfaden von „A call to save the world“ (Ein Aufruf um die Welt zu retten). Ein Haus ist zweifellos ein primäres Bedürfnis, und die Initiative ermöglicht es Menschen, überall dort, wo sie sind, 3D-Druckhäuser mit vor Ort gefundenem Material zu bauen, und zwar zu einem Preis, der gegen Null tendiert.
Der Wasp-Aufruf richtete sich an alle, die zusammenarbeiten und die neuen Bautechniken verbreiten wollen, mit dem Ziel, eine bessere Welt zu schaffen. Vertreter internationaler Organisationen, die sich mit Architekturforschung befassen, wie IaaC (Institute Advanced Architecture Catalunya, ES), XtreeE (FR), D-Shape (IT), Emerging Objects (USA), nahmen an dem Treffen teil.
Die Konferenz konzentrierte sich auf zukünftige Entwicklungen des 3D-Drucks im Bausektor und schlug Themen zur Reflexion über Designstrategien und das Potenzial dieser Technologie im Architekturbereich vor. Heutzutage kann die additive Fertigung dank der Fortschritte bei der Extrusion von flüssigdichten Materialien auf Ton- und Zementbasis als eine gute Möglichkeit bei der Realisierung komplexer architektonischer Formen angesehen werden, die ein hohes Maß an Funktionalität und Leistung garantieren. Tatsächlich ist es bereits möglich, Lüftungs- und Wärmedämmsysteme in die Artikulation der Elemente eines Gebäudes zu integrieren.